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| Viardot-Garcia Pauline | mezzosoprano
[ 1821 - 1910 ]
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Sie war die Tochter des berühmten Tenors Manuel Garcia sr (1775-1831) und seiner Gattin, der Sopranistin Joacquina Sitchez (1780-1854), die Schwester der großen Primadonna assoluta Maria Malibran (1808-36) und des berühmten Baritons und Pädagogen Manuel Garcia jr. (1805-1906). Sie gehörte der Sängerfamilie Garcia an, aus der innerhalb mehrerer Generationen eine Vielzahl bedeutender Sängerpersönlichkeiten hervorging. Ihr eigentlicher Name war Michèle-Ferdinande Garcia. Sie wurde durch ihre Mutter Joaquina Garcia-Sitchez und ihren Bruder Manuel Garcia jr. ausgebildet. Klavierspiel studierte sie u.a. bei dem berühmten Franz Liszt, Komposition bei Anton Reicha. Am 13.3.1837 debütierte sie in Brüssel in einem Konzert zusammen mit ihrem Schwager, dem belgischen Violinisten Charles Auguste De Bériot, dem Gatten ihrer inzwischen verstorbenen Schwester Maria Malibran. 1839 erfolgte ihr Debüt auf der Bühne, und zwar am Her Majesty's Theatre in London als Desdemona in "Otello" von Rossini. Die gleiche Partie sang sie im Herbst 1839 dann am Théâtre-Italien in Paris und hatte dort einen geradezu sensationellen Erfolg. 1840 heiratete sie den Direktor des Théâtre-Italien Louis Viardot (*1800, ?5.5.1883) und sang seither unter dem Namen Pauline Viardot-Garcia. Am Théâtre-Italien hatte sie in den nun folgenden Jahren eine Serie größter Triumphe. 1843-44 huldigte man ihr an der Hofoper von St. Petersburg, 1847 in Berlin und Dresden. 1845 stand sie im Mittelpunkt des Bonner Beethoven-Festes (mit der Einweihung eines Denkmals für den berühmten Komponisten). Am 16.4.1849 kreierte sie in der Uraufführung von Meyerbeers "Le Prophète" an der Grand Opéra Paris die Partie der Fidès auf ausdrücklichen Wunsch des Komponisten. Drei Monate später sang sie die gleiche Rolle bei der englischen Premiere der Oper an der Londoner Covent Garden Oper und dann noch insgesamt 200mal im Verlauf ihrer Karriere. Sie setzte die Uraufführung von Gounods Oper "Sapho" am 16.4.1851 an der Pariser Grand Opéra durch, wobei sie die Titelrolle kreierte. In den Jahren 1848-51 und 1854-55 war sie regelmäßig an der Covent Garden Oper London zu hören; in diesen Jahren stand sie auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn und verteilte ihre Triumphe auf Paris und London. 1848 feierte man sie an der Covent Garden Oper als Valentine in den "Hugenotten" von Meyerbeer, 1855 war sie die Azucena in der englischen Premiere von Verdis "Troubadour", ebenfalls an der Covent Garden Oper, wo man sie auch als Donna Anna im "Don Giovanni" und als Rachel in Halévys "La Juive" bewunderte. 1859 sang sie am Théâtre Lyrique Paris die Titelpartie in einer denkwürdigen Aufführung von Glucks "Orpheus" in einer Bearbeitung des Werks durch Berlioz, die 138mal wiederholt werden mußte, 1861 die Alceste in der gleichnamigen Oper von Gluck in einer konzertanten Aufführung bei den Concerts Lamoureux in Paris. 1860 war sie die erste Leonore in einer "Fidelio"-Aufführung in französischer Sprache. 1859 sang sie in Baden-Baden, wo sie ihren Wohnsitz genommen hatte, Szenen aus "Les Troyens" von Berlioz. In Paris kam es 1860 zu der berühmten privaten Aufführung des 2. Aktes von Wagners "Tristan", bei der sie mit Klavierbegleitung (durch den Pianisten Karl Klindworth) die Isolde und Wagner selbst den Tristan sang. In den sechziger Jahren erschien sie noch bei einzelnen Gastspielen auf der Bühne, so 1864-65 an der Stuttgarter Hofoper und 1864-66 in Baden-Baden. Im März 1870 sang sie als letzte Partie den Orpheus am Hoftheater von Weimar; am 3.3.1870 gestaltete sie in der Uraufführung der Alt-Rhapsodie von Johannes Brahms in Jena die Solopartie. Am 11.4.1873 hörte man sie in Paris in der Uraufführung des Oratoriums "Marie Magdeleine" von Massenet. Sie war der Mittelpunkt eines Kreises von Künstlern, die sich um sie in ihrer Villa in Baden-Baden, später in Paris, versammelten; dazu gehörten Alfred de Musset, George Sand und Frédéric Chopin. Musset sagte über sie: "...elle sait le grand secret des artistes: avant d'exprimer, elle sent". Saint-Saëns widmete ihr seine Oper "Samson et Dalila". Sie ließ 1874 in ihrem Privattheater in Croissy den ersten Akt dieser Oper aufführen; am 11.4.1873 folgte deren zweiter Akt in ihrem Haus in Paris, wobei sie die Titelrolle, der Tenor Charles-Auguste Nicot den Samson und der Bariton Numa Auguez den Grand Prêtre sang, während der Komponist die Begleitung am Klavier übernommen hatte. (Die Uraufführung der Oper konnte erst 1877 in Weimar unter F.Liszt erfolgen). Saint-Saëns widmete ihr auch mehrere Lieder ("La Cloche"), Gabriel Fauré seine Lieder "La Chanson du pêcheur" und die Barcarole op. 2 Nr. 3, César Franck sein Lied "Souvenance". Mit dem russischen Dichter Iwan Turgenjew war sie eng verbunden; sie nahm ihn in ihre Villa auf, und er schrieb u.a. die Libretti für mehrere Operetten, die sie selbst komponierte ("Cendrillon", Trop de femmes, "Le dernier sorcier" und "L'Ogre", die alle in den sechziger Jahren entstanden). Seine "Lettres à Madame Viardot" wurden 1907 in Paris veröffentlicht. Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870-71 verlegte sie ihren Wohnsitz nach Paris und war dort vor allem als gesuchte Pädagogin tätig; zu ihren Schülerinnen gehörten so große Sängerinnen wie Désirée Artôt, Aglaja von Orgeni, Teresa Arkel, Marianne Brandt, Mafalda Salvatini, Gertrud Godier, Jettka Finkenstein, Annie Louise Cary, Martha Leffler-Burckhard, der Tenor George Meader, Antoinette Sterling und ihre eigene Tochter Louise Viardot (1841-1918), die eine bedeutende Karriere als Altistin hatte, vor allem aber pädagogisch tätig warDie Stimme von Pauline Viardot-Garcia war eigentlich ein Mezzosopran, doch konnte sie durch die Weite des Tonumfangs, namentlich in den hohen Lagen, eine Vielzahl von Sopranpartien übernehmen. Man bewunderte an dieser Stimme ein unbegrenztes musikalisches Gestaltungsvermögen, das ihr eine geradezu faszinierende Interpretation jeder Rolle erlaubte. Ihr Stilgefühl war ebenso perfekt wie ihre Gesangstechnik, ihre Darstellung tragischer Partien, wie die des Orpheus von Gluck, hinterließ beim Publikum einen unvergesslichen Eindruck (wie Berlioz nach den Pariser Aufführungen des Werks feststellte). Zu ihren großen Bühnenpartien gehörten noch die Donna Anna im "Don Giovanni", der Arsace in "Semiramide" von Rossini, die Amina in "La Sonnambula" und der Romeo in "I Capuleti ed I Montecchi" von Bellini, die Lucia di Lammermoor, die Lady Macbeth in Verdis "Macbeth", die Alice in "Robert le Diable" und die Valentine in den "Hugenotten" von Meyerbeer. -- Aus ihrer Ehe mit Louis Viardot gingen vier Kinder hervor, neben Louise Viardot der Sohn Paul Viardot (1857-1941), der ein bekannter Violinist und Dirigent wurde und seit 1893 an der Grand Opéra dirigierte. Eine Tochter der berühmten Sängerin, Marianne Viardot, war vorübergehend mit Gabriel Fauré verlobt. Lit.: A.Fitzlyon: "The Price of Genius-A Life of Pauline Viardot" (London, 1964); S.Desternes und H.Chandet: "La Malibran et Pauline Viardot" (Paris, 1969); A.S. Rozanow: "Pauline Viardot" (Leningrad, 1969). |
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