| Maurel Victor | baritono
[ 1848 - 1923 ]
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Er wollte ursprünglich Architekt werden, entschloß sich dann aber zum Gesangstudium. Ausgebildet an den Konservatorien von Marseille und Paris, wo er Schüler von Vauthrot und Duvernoy war. Er debütierte 1867 in Marseille als Wilhelm Tell in der gleichnamigen Rossini-Oper. Er kam dann 1868 an die Grand Opéra Paris (Debüt als Graf Luna im "Troubadour" und als Nevers in "Les Huguenots" von Meyerbeer). Anschließend Gastspiele in St. Petersburg, Kairo und Venedig. Am 19.3.1870 sang er bereits an der Mailänder Scala in der Uraufführung der Oper "Il Guarany" von Carlos Gomes, am 16.2.1873 in "Fosca", einer weiteren Uraufführung einer Oper des brasiliansichen Komponisten. Berühmt wurde er zumal als Verdi-Interpret; Verdi selbst übertrug ihm bei der italienischen Erstaufführung seiner Oper "Don Carlos" 1871 am Teatro San Carlo in Neapel die Partie des Posa. Große Erfolge hatte er dann auch an der Londoner Covent Garden Oper, wo er 1873-79, 1891-95 und 1904 auftrat. Er kreierte für London den Telramund im "Lohengrin" (1875) und den Wolfram im "Tannhäuser" (1876). 1873 gastierte er erstmalig in Nordamerika, und zwar sang er in der amerikanischen Premiere von Verdis "Aida" an der Academy of Music in New York den Amonasro. Im Alter von 25 Jahren war er praktisch der bedeutendste Bariton für das italienische Repertoire geworden, den seine Generation besaß. Im Lauf der folgenden drei Jahrzehnte eilte er an den großen Opernhäusern in aller Welt von Triumph zu Triumph. Schwerpunkte seiner künstlerischen Tätigkeit bildeten die Mailänder Scala, die Grand Opéra Paris, an der er 1879-94 wirkte, und die New Yorker Metropolitan Oper, deren Mitglied er 1894 bis 1899 war. Er trat dort in drei Spielzeiten und (in deren New Yorker Haus) in 60 Vorstellungen und in 12 Partien auf, darunter als Falstaff, als Don Giovanni, als Nevers, als Rigoletto, als Amonasro, als Telramund und als Escamillo, als Valentin im "Faust" von Gounod und als Nelusco in "L'Africaine" von Meyerbeer. Dazu gastierte er in London und Madrid, in Lissabon und Barcelona, in Kairo und Neapel, in St. Petersburg und Moskau. 1883-85 gehörte er dem Direktorium des Théâtre des Italiens in Paris an. An dieser Bühne wirkte er 1884 in der Pariser Erstaufführung von Massenets "Hérodiade" mit, 1883 in der französischen Premiere von Verdis "Simon Boccanegra" in der Titelpartie. 1884 sang er an der Mailänder Scala in der Premiere der neu bearbeiteten Verdi-Oper "Simon Boccanegra" ebenfalls die Titelrolle. Am 5.2.1887 gestaltete er in der glanzvollen Uraufführung von Verdis "Othello" an der Scala die Partie des Jago; am 9.2.1893 kreierte er, wiederum an der Scala, den Titelhelden in der Uraufführung von Verdis "Falstaff". 1887-88 sang er den Jago in den Premieren des "Othello" in Paris und London, 1894 an der Opéra-Comique Paris den Falstaff, 1895 die gleiche Partie an der Metropolitan Oper. 1893 war er an der Wiener Hofoper, 1897 an der Berliner Hofoper zu Gast, 1882-83 und 1897 an der Oper von Monte Carlo, wo er 1897 an der Uraufführung von "Moïna" von Isidore de Lara teilnahm. Am 11.4.1900 sang er in der Uraufführung von "Le Juif Polonais" von Erlanger an der Pariser Opéra-Comique. Am 22.5.1892 gestaltete er am Teatro Dal Verme in Mailand in der Uraufführung des "Bajazzo" von Leoncavallo den Tonio. Da diese Partie keine einzige Arie enthielt, übertrug Leoncavallo den Prolog, der ursprünglich für den Canio vorgesehen war, dem Tonio, weil der berühmte Sänger sonst nicht zur Übernahme der Partie bereit war. 1904 beschloß Victor Maurel seine triumphale Bühnenkarriere. Er versuchte sich zeitweilig als Schauspieler, lebte dann als Pädagoge in Paris und seit 1909 in New York. Er war auch ein vortrefflicher Maler und entwarf die Bühnenbilder für eine Aufführung von "Mireille" an der Metropolitan Oper im Jahre 1919. Er schrieb mehrere gesangpädagogische Essays und ein selbstbiographisches Werk Dix ans de carrière (Paris, 1897), das Lilli Lehmann ins Deutsche übersetzte.An seiner Stimme rühmte man die vortreffliche technische Durchbildung, die Fülle und den Glanz des Stimmaterials sowie die lebensechte, ausdrucksstarke Art seines Vortrages, Hinzu trat eine eminente darstellerische Begabung. Der englische Musikkritiker G.B. Shaw fand seine Interpretationen, u.a. seinen Don Giovanni, "manchmal etwas zu arteficiell"; Lilli Lehmann dagegen war nach einer Aufführung von Gounods "Faust", in der er den Valentin sang, "für Stunden sprachlos".Lit: A.Wicart: "V. Maurel, le chanteur" (Paris, 1931, zwei Bände).Sehr seltene Schallplatten der Marken G&T (Paris, 1903) und Fonotipia (Mailand, 1905-07), darunter auch Fragmente aus "Othello" und "Falstaff". |
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