| Niemann Albert | tenore |
Sein Vater war Hôtelier in Erxleben. Mit 17 Jahren kam er in eine Maschinenfabrik; er begann 1849 eine Karriere als Schauspieler und Chorsänger bei einer Wanderbühne in Dessau. Als erste Partie in einer Oper sang er 1851 in Dessau einen der Hauptleute im "Propheten" von Meyerbeer. Er erhielt dann eine Ausbildung zum Solisten durch den Hofkapellmeister Friedrich Schneider (der seine Stimme entdeckt hatte), durch Albert Nusch in Dessau und später mit Hilfe eines Stipendiums des Königs von Hannover durch den berühmten Tenor Gilbert Duprez in Paris. Er sang nacheinander an den Theatern von Stuttgart, Königsberg, Stettin (1853-54) und Hannover (1854-66) und wurde dann 1866 durch den Intendanten Botho von Hülsen an die Königliche Hofoper Berlin verpflichtet. Damit begann seine große internationale Karriere, die ihm namentlich als Wagner-Tenor Weltruf einbrachte. Bereits 1861 hatte Richard Wagner, der ihm erstmalig 1859 in Zürich begegnet war, ihn für die Erstaufführung seines "Tannhäuser" an der Grand Opéra für die Titelpartie des Werks verpflichtet, die eine seiner Glanzrollen war. Da diese Premiere am 13.3.1861 mit einem unvorhersehbaren Mißerfolg endete, zog Wagner die Oper nach drei Vorstellungen zurück. Die Leistungen von Albert Niemann fanden jedoch (namentlich in der Presse) in Paris einstimmige Anerkennung. Bei den ersten Bayreuther Festspielen übertrug Wagner (dessen Verhältnis zu dem berühmten Sänger nicht ohne Auseinandersetzungen war) ihm die Partie des Siegmund in der "Walküre", die er am 14.8.1876 sang. 1860 sang er vor Kaiser Napoleon III. von Frankreich in Baden-Baden, 1864 vor dem bayerischen König Ludwig II. in München; beide Monarchen waren von seiner Stimme tief beeindruckt. 1882 war er zu Gast am Her Majesty's Theatre London und kreierte hier für England die Rolle des Siegmund in der "Walküre". Gastspiele führten ihn auch an die Hofopern von Wien (1868-86) und München (1864-85), an das Stadttheater von Hamburg (1875-85), an die Opernhäuser von Riga (1875) und Leipzig (1885). 1874 war er der Radames in der deutschen Erstaufführung von Verdis "Aida" an der Berliner Hofoper. 1886-88 hatte er sehr große Erfolge an der Metropolitan Oper New York. Er sang hier als Antrittsrolle den Siegmund in der "Walküre" und wirkte in den amerikanischen Erstaufführungen von Wagners "Tristan und Isolde" in der Titelpartie (1886 mit Lilli Lehmann als Isolde, die seine Leistungen als Tristan als "einen unerreichten Höhepunkt im Musikdrama" bezeichnete) und in der "Götterdämmerung" als Siegfried (1888, wiederum mit Lilli Lehmann, jedoch in einer abgekürzten Fassung der Oper ohne die Szenen der Nornen und der Waltraute) mit. Er sang im Januar 1888 an der Metropolitan Oper auch in der amerikanischen Erstaufführung der Oper "Fernand Cortez" von Spontini den Cortez, dazu als weitere Partien den Tannhäuser, den Lohengrin, den Florestan, den Eleazar in "La Juive" von Halévy und den Titelhelden im "Propheten" von Meyerbeer. Seine großen Rollen außerhalb des Wagner-Repertoires waren der Masaniello in "La muette de Portici" von Auber, der Eleazar in "La Juive" von Halévy, der Johann von Leiden in Meyerbeers "Prophet", die Titelrollen in Gounods "Faust", "Fra Diavolo" von Auber und in "Robert le Diable" von Meyerbeer. Bis 1888 blieb er Mitglied der Berliner Hofoper (Bühnenabschied 1888 als Tristan) und wirkte später als Pädagoge in Berlin. Nach seinem Rücktritt von der Bühne trat er noch weiter als Konzert- und vor allem als Liedersänger auf, so u.a. 1888 in London. Man schätzte ihn namentlich als Interpreten der Lieder von Robert Schumann. 1892 erschien er zusammen mit Rosa Sucher in Berlin in einer konzertanten Aufführung des 1. Aktes "Walküre". 1909 sang er am Berliner Schauspielhaus in einer Aufführung von "Wallensteins Lager" das Reiterlied. Sein interessanter Briefwechsel mit Richard Wagner wurde 1924 veröffentlicht. -- In erster Ehe war er seit 1859 mit der berühmten Schauspielerin Marie Seebach (1830-97) verheiratet, von der er sich aber wieder trennte; aus dieser Ehe stammte ein Sohn, Oscar Niemann (1862-94), der als Tenor eine bedeutende Karriere begonnen hatte, aber bereits 1894 starb. In zweiter Ehe war er mit der Schauspielerin Hedwig Niemann Raabe (1844-1905) verheiratet.Lit.: K.Wagner: "Albert Niemann als Wagner-Darsteller" (Dissertation, München, 1954); A.Sternfeld: "Albert Niemann" (Berlin, 1904). |
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