| Wachtel Theodor | tenore |
Seine Stimme soll entdeckt worden sein, als er eine Droschke durch Hamburg kutschierte und dabei ein Lied sang. Dies hörte zufällig der reiche Hamburger Kunstmäzen und Weinhändler Gerstenkorn, der für seine Ausbildung sorgte. Darauf studierte er in Hamburg bei Mme Julie Grandjean und bei Eckhardt in Wien. Er debütierte 1847 in Hamburg in einem Konzert, das er im Salon seines Gönners gab. Er begann seine eigentliche Bühnenkarriere 1849 am Hoftheater von Schwerin (Debüt als Arturo in "Lucia di Lammermoor"), dem er bis 1851 angehörte. Er kam aber weder hier noch bei einem folgenden Engagement an der Hofoper von Dresden zu besonderen Erfolgen. 1852-54 war er am Stadttheater von Würzburg, 1854-56 am Hoftheater von Darmstadt und 1856-57 am Hoftheater von Hannover tätig. 1857 ging er an das Hoftheater von Kassel. Hier war er allerlei Schikanen ausgesetzt, so daß er Kassel unter Bruch des bestehenden Vertrages fluchtartig verließ. Wegen dieses Kontraktbruchs konnte er in den folgenden Jahren mit keinem deutschen Theater mehr einen Vertrag abschließen sondern nur noch in Gastspielen auftreten. Diese brachten ihm nun allerdings in Dresden, Wien und Berlin glänzende Erfolge ein. Er unternahm Tourneen durch England, Irland und Schweden. 1863-68 hatte er an der Berliner Hofoper große Erfolge, an der er als Edgardo in "Lucia di Lammermoor" debütierte. Einen besonderen Höhepunkt erreichte seine Karriere mit Auftritten in London, wo er 1862, 1864-65 und 1870 an der Covent Garden Oper und 1879 am Her Majesty's Theatre zu Gast war. An der Covent Garden Oper sang er 1865 in der englischen Erstaufführung von Meyerbeers "Africaine" den Vasco mit Pauline Lucca in der Rolle der Selika; großen Erfolg hatte er in London auch in der Oper "Alessandro Stradella" von Flotow. 1869 erschien er als Gast in Paris, wo er kein besonderes Aufsehen erregte. In den Jahren 1871-72 und 1875-76 nahm er an Nordamerika-Tourneen teil, bei denen er Opern in deutscher wie in italienischer Sprache sang. Allgemeine Bewunderung erregte seine Stimme namentlich wegen ihrer kraftvollen Tonfülle in den hohen und höchsten Lagen. Das hohe C und noch höhere Noten wurden von ihm ganz mühelos und mit Bruststimme produziert. So war seine Glanzrolle der Chapelou in "Le Postillon de Lonjumeau" von Adam mit ihren ungewöhnlichen Anforderungen an die Tonhöhe der Tenorstimme. Über 1000mal hat er in Deutschland in dieser seiner Paraderolle auf der Bühne gestanden, so daß man ihn teilweise ganz mit dieser Partie identifizierte. Dabei kam ihm noch seine besondere Fähigkeit im Peitschenknallen zustatten, die daher rührte, daß er in seiner Jugend als Kutscher, und später als Geschäftsführer im Fuhrunternehmen seines Vaters, gearbeitet hatte. Andere große Rollen des Künstlers waren der Manrico im "Troubadour" von Verdi, der Titelheld in Flotows "Alessandro Stradella", der Raoul in den "Hugenotten" von Meyerbeer und der Arnoldo in Rossinis "Wilhelm Tell". 1876 versuchte er, mit dem Lohengrin eine Wagner-Partie in sein Repertoire aufzunehmen, hatte damit aber keinen Erfolg. Er wurde zum Ehrenmitglied der Hoftheater von Schwerin und Coburg ernannt. Am 8.3.1893 gab der große Tenor in Berlin sein letztes Konzert.Er starb noch im gleichen Jahr. -- Von seinen Söhnen hatte der hoch begabte, aber früh verstorbene Theodor Wachtel jr. (*1841, ?12.12.1871 Dessau) an den Theatern von Leipzig, Düsseldorf, Wien und Dessau eine erfolgreiche Karriere, mußte diese aber vorzeitig beenden. August Wachtel war seit 1889 als Tenor am Hoftheater von Dessau engagiert; Ferdinand Wachtel wurde als Buffo- und Charaktertenor bekannt (David in den "Meistersingern", Mime im Nibelungenring) und war an den Theatern von Posen, Brünn, Zürich (1892-94), Aachen, Neustrelitz und zuletzt bis 1900 in Rostock engagiert; er lebte dann als Konzertsänger und Pädagoge in Hamburg. |
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